Mackintosh in London

Der Reiseführer “Mackintosh in London” kann nur mit wenigen Mackintosh-Bauwerken aufwarten. Stattdessen konzentriert er sich auf das Umfeld, in dem sich Margaret und Charles Rennie Mackintosh aufgehalten haben.

Zwischen 1915 und 1923 lebte das Künstlerpaar in London. Es wurde Teil der Londoner Künstlerszene. Margaret und Toshie wurden Bohemians, genossen in vollen Zügen, was sich ihnen bot. Mit dem Ende des 1. Weltkriegs stieg die Hoffnung, wieder arbeiten und bauen zu können. Doch die Rezession ließ die Baukosten steigen, Baumaterial war knapp und so blieben die meisten Wünsche von Mackintoshs Auftraggeber Träume und die Hoffnungen der Mackintoshs zerplatzten wie Seifenblasen.

Das umfangreichste architektonische Projekt dieses Zeitraums fand nicht in London statt, sondern in Northampton. Alles über 78 Derngate finden Sie [hier].

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Die Studios in Glebe Place

Im August 1915 zogen die Mackintoshs nach London und suchten nach einem Atelier, in dem sie arbeiten konnten. Das Künstlerviertel Chelsea bot das perfekte Umfeld. Hier trafen sich die Kreativen zur Arbeit, zum künstlerischen Austausch, zur Unterhaltung. Am Glebe Place 43a mieteten Margaret und Charles Rennie Mackintosh zwei nebeneinander liegende Räume: Hans Studio und Cedar Studio Sie übernachteten in der nahen Oakley Street in einem B&B, verbrachten die Tage arbeitend im Atelier und gingen abends zum Dinner ins Blue Cockatoo, einem Restaurant am Cheyne Walk, das es heute nicht mehr gibt. Das gleichnamige Bild von Christopher Sanders (1905-1991) erinnert an den Künstlertreff direkt an der Themse. Eine Miss Hettie arbeitete dort und sammelte Autogramme in einem Buch. Auch Mackintosh hat sich verewigt.

Margaret Morris Club

Margaret Morris (1891-1990), genannt Meg, eine junge englische Tänzerin und Tanzlehrerin, führte seit 1914 einen Club an der Ecke Flood Street und Kings Road in einem Gebäude, das noch heute aussieht wie ein altes Kino oder Theater. Hier fanden nicht nur Unterricht, Tanz- und Theatervorführungen statt, hier trafen sich auch Londons Künstler zu Vorträgen, freien Diskussionen und Musikabenden. Spätens ab 1916 waren auch Margaret und Toshie gern gesehene Gäste. Möglicherweise lernten die Mackintosh die ambitionierte Künstlerin im Blue Cockatoo kennen oder aber in Glebe Place, wo auch Meg wohnte. Später entwickelte sich Meg zu einer Tanzpädagogin, deren Methode noch heute gelehrt und gelebt wird: die Margaret Morris Methode. Sie lebte mit dem schottischen Maler John Duncan Fergusson (1874-1961). Beide wurden zu guten Freunden der Mackintoshs. Das folgende Video stellt das Künstlerpaar vor:

Studiohaus für Harold Squire, 49 Glebe Place

Der britische Maler Harold Squire (1881-1959) beauftragte Charles Rennie Mackintosh 1920 mit Entwürfen für ein Studio Haus in 49 Glebe Place, Chelsea. Zahlreiche Designs entstanden. Es dauerte, bis eine Entscheidung fiel. Einer der Gründe dafür mag die hohen Baukosten infolge der Rezession nach dem 1. Weltkrieg gewesen sein.

Das Gebäude, das heute in Glebe Place zu sehen ist, wurde im Laufe der Jahre Veränderungen unterzogen. Bereits 1924 wurde ein zweites Stockwerk aufgesetzt. Zu dieser Zeit befanden sich die Mackintoshs schon nicht mehr in London. Weitere Informationen und Bilder zu 49 Glebe Place finden sich [hier].

Das Studiohaus für Harold Squire ist einer von vielen Aufträgen, die Mackintosh in seiner Londoner Zeit von Künstler-Kollegen erhielt. Es herrschte Aufbruchstimmung, doch die Wünsche waren größer als die Möglichkeiten, die hohen Kosten degradierten die Entwürfe zu Träumen. Keines der folgenden Projekte wurde realisiert:

Anbau für E.O. Hoppé, East Grinstead

Der deutsch-britische Fotograph E.O. Hoppé besaß ein Landhaus südlich von London, in East Grinstead. 1919 machte Mackintosh Entwürfe zur Erweiterung des Hauses, die nicht zur Ausführung kamen. [Details]

Studiohaus für Arthur Blunt, 48 Glebe Place

Das Studiohaus für den Maler, Grafiker und Designer Arthur Blunt in 48 Glebe Place, Chelsea, wurde nicht gebaut. Das Grundstück war direkt neben dem von Harold Squire. Mackintoshs Pläne sahen zunächst ein dreigeschossiges Haus vor, das einen moderaten gregorianischen Stil zeigte und den Häusern in der Nachbarschaft von Chelsea ähnelte. Ein weiterer Satz von Entwürfen wurde im Tudor-Stil ausgeführt. Es scheint, Blunt konnte sich nicht entscheiden. [Details]

Studiohaus für Francis Derwent Wood, 50 Glebe Place

Der britische Bildhauer Francis Derwent Wood beauftragte Mackintosh mit einem Entwurf für ein weiteres Studiohaus am Glebe Place. Wood kannte Mackintosh bereits aus Glasgow aus seiner Zeit als Gastdozent an der Glasgow School of Art. Das gewünschte Haus sollte Ateliers für drei Künstler haben und das Budget von £5000 nicht überschreiten. Es kam nie zur Ausführung. [Details]

Die Projekte der Arts League of Service

Die A.L.S. förderte Künstler, veranstaltete Vorträge, Lesungen, Ausstellungen und Theatervorführungen, und war bestrebt, Künstlern Raum für ihre künstlerische Arbeit zur Verfügung zu stellen. Die treibende Kraft war Ana Berry, die nach einem geeigneten Haus für die Organisation suchte. 1920 wurde an den Umbau eines alten Hauses gedacht, das zum Verkauf stand: [The Mystery House] in Upper Cheyne Row. Mackintosh wurde beauftragt, Pläne anzufertigen.

Mehr oder weniger gleichzeitig bat Berry Mackintosh um Entwürfe für ein [großes Haus mit mehreren Studios und Wohnungen] in Upper Cheyne Row. Es entstanden über 40 Zeichnungen. Das Design weist Parallelen zum Haus von C.R. Ashbee in Cheyne Walks auf, aber auch zur Lion Chambers von James Salmon Junior in Glasgow. Wie letzteres sollte Stahlbeton verbaut werden. Das Projekt gelangte in eine fortgeschrittene Planungsphase. Das Bauamt kritisiert die Pläne als nicht architektonisch und kunstvoll genug. Eine provisorische Baugenehmigung wurde trotzdem erteilt und es erschienen Designs und Besprechungen in Kunst- und Architekturzeitschriften, nur gebaut wurde nie etwas.

Vermutlich wurden auch die Projekte der A.L.S. wegen fehlender finanzieller Mittel eingestellt.

Ein Theater für Margaret Morris

Auch Margaret Morris träumte von geeigneteren Räumlichkeiten für ihr Unternehmen und beauftragte Mackintosh 1920 mit Plänen für ein kleines Theater. Das zuständige Bauamt wies Mackintoshs Pläne als ungeeignet für diesen Standort ab. Margaret Morris’ Theater wurde nie gebaut. [Details]

(C) Karen Grol – 27.02.2019