Knillesdjip heißt der Kanal, der das Burgumer Mar quert. Als Ziel für den Sonntag war der Yachthafen Wartena in Warten ausgewürfelt worden. Ich rief die Parole aus: “Wir warten bis Warten”. Yoshi verdrehte die Augen: “Welch ein müder Witz!”.
Wasser voraus! Ladekähne kamen uns entgegen. Motorboote kamen uns entgegen. Menschen an Land – angelnd, radfahrend, spazierend, sonnenbadend – winkten. Karen und Uwe winkten. Ob es eine Regel gibt, wer zuerst winken muss? Die Sonne lugte durchaus freundlich durch die Wolken. Über uns Fetzen blauen Himmels. Gänse mit Nachwuchs querten todesmutig den Weg der Tosh. Brücken öffneten sich vor uns und schlossen sich hinter uns. Grüne Wiesen säumten die Ufer, so weit ich schauen konnte.
So viel Eintönigkeit macht mich stets ausgesprochen schläfrig. Uwe und Karen wirkten dagegen zufrieden und entspannt. Schauten umher, dabei gab es weit und breit nichts Interessantes zu sehen. Nicht einen Vogel, den wir jagen könnten. Yoshi und ich lümmelten uns auf das Sofa unter Deck und schliefen stante pede ein.
Wir wurde erst wieder wach, als es unruhig wurde. Jemand sprang von Bord. Ich hörte Uwes und Karens Stimmen, erhob mich und verfolgte das Anlegemanöver durch das Fenster. Heute mussten es die beiden alleine schaffen. Keiner war zur Unterstützung herbeigeeilt. Karen war von Bord gesprungen, befestigte die Seile vorne und hinten. Uwe unterstützte sie. Es lief bedeutend besser als noch ein Tag zuvor, als Karen im Gefecht der Elemente ein Fender ins Wasser gefallen war. Kein Drama, er konnte spielend wieder herausgefischt werden. Das ging schneller als Quincy davon zu überzeugen, dass nichts Dramatisches passiert war. Der laute Wasserklatscher hatte ihn so schockiert, dass er noch eine Weile unter seiner Decke geblieben war.
Trrotzdem schien irgendwas nicht in Ordnung zu sein. Ich lauschte dem Gespräch auf dem Holzsteg. Aha, ein Fender war kaputt. “Das ist vielleicht in der Schleuse passiert”, schlug Karen vor. Uwe nickte und zuckte mit den Schultern. “Der Hafen hat einen Laden. Wir kaufen einen neuen.” Keine Vorwürfe, kein Streit, kein Ärger. Die Hoffnung, dass diese Seefahrt, die keine war, frühzeitig abgebrochen würde, hatte ich mittlerweile komplett aufgeben müssen.
Die Tosh lag ruhig im Hafen, als Karen und Uwe einen Spaziergang in den Dorfkern von Warten starteten. Yoshi schaute mich erwartungsvoll an. Aber ich sagte nichts. Kein Wort. Keinen müden Witz über das Warten. Den Gefallen tat ich ihm nicht.
Der Spaziergang dauerte. Wir schliefen wieder ein und wachten erst auf, als die Tosh ordentlich schaukelte. Entweder lag sie doch nicht so sicher am Anlieger wie angenommen oder … Im Südosten zogen dunkle Wolken am Himmel auf. In den Bäumen rauschte es. Der Wind riss an der Persenning. Karen und Uwe hatte ein Fenster einen Spalt für uns aufgelassen, dass wir nicht ersticken. Ein Unwetter zog auf. Das Schaukeln wurde stärker. Der Wind drückte gegen die Tosh. Es klapperte und schlug. Es schwankte und knarzte. Es wurde dunkler und dunkler. Eine Monsterwolke näherte sich unaufhaltsam. Gleich würde es regnen. Das Fenster war offen.
“Wo bleiben sie nur?”, jammerte Quincy und verschwand unter seiner Decke.
“Blödes Warten”, knurrte Yoshi.
Ich hielt mir die Pfote vor die Augen und hoffte inständig, dass sich die Situation von Tag 1 nicht wiederholen würde. Starker Wellengang verursacht Übelkeit, Erbrechen und Durchfall.
Endlich! Wir hörten schnelle Schritte auf dem Holzsteg. Jemand hatte es sehr eilig. Jemand kletterte auf die Tosh. Weitere Schritte folgten. Sie waren zurück. In diesem Moment begann es zu regnen. Karen und Uwe lachten und schnappten nach Luft. Das war gerade noch einmal gut gegangen.
Später begutachtete Uwe noch einmal den geplatzten Fender. Der Druck war an einer Schwachstelle entwichen. Wieder etwas gelernt! An dieser Position an der Reling darf nie wieder ein Fender hängen.
Bilanz des Tages – 26.05.2024
- Den Yachthafen Wartena in Warten erreicht.
- Fender dürfen niemals vor dem Abgasendrohr des Motors hängen, sonst platzen sie bei nächster Gelegenheit.